1. März 2019

So bauen Sie Toch­ter oder Sohn für die Nach­folge auf

Die Nach­folge ist im Mit­tel­stand ein Mega­thema. In Tau­sen­den Be­trieben steht der Über­gang an der Fir­men­spitze be­vor. Höch­ste Zeit für Un­ter­neh­mer, mit der Pla­nung ih­rer Nach­fol­ge zu star­ten.

Text: Midia Nuri

achfolge ist überall ein Thema. Neulich war zu lesen, dass dem Hand­werk die Meister ausgehen. Gesucht sind also nicht nur neue Personen für die Firmen­spitze, sondern auch Nach­folger für in den Ruhe­stand wech­selnde Fach­ar­beiter und Spezia­listen. Eine mögliche Lösung: auf Meis­te­rinnen setzen. Klingt wie Wort­klau­berei, ist aber eine sinn­volle Lösung, denn auch Frauen können Führung und Leis­tung. Durch sie haben schon viele Betriebe eines der größten Probleme im Mittel­stand gelöst: die Nach­folge. Statt eines Nach­fol­gers über­nimmt einfach eine Nach­fol­gerin das Unter­nehmen, etwa eine Tochter oder Enkelin. Das klappt selbst in Fami­li­en­un­ter­nehmen mit einer langen Linie von Patri­ar­chen. Vor ein paar Jahren wurde sogar der Trend „Gene­ra­tion Tochter“ für den Mittel­stand ausge­rufen. Der hat viel für sich: Auf Frauen zu setzen, ist mit Blick auf die Nach­folge oft eine nahe­lie­gende und gute Lösung. Unab­hängig vom Geschlecht ist und bleibt das Wich­tigste aber: Firmen­chefs müssen die Nach­folge gut durch­dacht sowie geplant angehen – und vor allem zeitig. Dann klappt das mit der Nach­folge schon.

Der Mit­telstand legt die Nach­folge in Töch­terhand

Es gibt viele gute Beispiele für die „Gene­ra­tion Tochter“ – also bei der Nach­folge auf die Tochter zurück­zu­greifen. Zahl­reiche Mittel­ständler haben das schon so gemacht. Der gerade verstor­bene Bert­hold Leib­inger etwa berief seine Tochter Nicola Leib­inger-Kammüller zur Chefin des Maschi­nen­bauers Trumpf. Julia Esterer über­nahm von ihrem Vater den hessi­schen Tank­last­zug­spe­zia­listen Helsa. Julia Reichert leitet in fünfter Gene­ra­tion die Roem­held Gruppe, seit Jahres­be­ginn 2018 gemeinsam mit ihrem Bruder. Dass der Trend nicht neu ist, zeigt das Beispiel Sybill Storz. Sie trat 1950 in das von ihrem Vater gegrün­dete Phar­ma­un­ter­nehmen Karl Storz Endo­skope ein und baute es zu einem Konzern aus. Klar ist: Die Nach­folge im Mittel­stand treten längst auch Töchter ganz selbst­ver­ständ­lich an. So lässt sich oft am besten der Wunsch erfüllen, das Unter­nehmen in der Familie zu halten. 60 Prozent wollen das, so eine Studie der mitt­ler­weile nur noch kurz KfW genannten Kredit­an­stalt für Wieder­aufbau, der welt­größten natio­nalen Förder­bank. Und oft genug glückt es auch – mit Töch­tern wie auch nach wie vor mit Söhnen: So macht sich derzeit Erich Sixt bereit für die anste­hende Über­gabe seines Leih­wa­gen­kon­zerns an seine beiden Söhne.

Die Lage auf dem Markt für Nach­folge ist eng

Bis 2022 planen mehr als eine halbe Million Unter­nehmer ihre Nach­folge. Seit Jahren ist die Rede von einer Nach­fol­ge­welle, die über den Mittel­stand hinweg­spülen wird. Für rund 100.000 Unter­nehmen sollte die Nach­folge eigent­lich bereits bis Ende 2019 umge­setzt sein – ohne, dass derzeit ein Nach­folger gefunden oder mit der Suche auch nur begonnen worden ist. Das ergab eine Sonder­aus­wer­tung des KfW-Mittel­stand­spa­nels. Das Institut für Mittel­stands­for­schung (ifm) in Bonn rechnet für den klei­neren Mittel­stand bis 2022 mit einer anste­henden Nach­folge in 150.000 anste­henden Fällen. Dabei geht es um inha­ber­ge­führte Unter­nehmen mit nicht mehr als 500 Mitar­bei­tern oder 50 Millionen Euro Jahres­um­satz.

Klar ist: Die Nach­folge ist ein Problem für Unter­nehmer aller Bran­chen und Größen, sie gehen das Thema aber allzu oft erst viel zu spät an. Daher verwun­dert auch nicht, dass für jeden siebten Unter­nehmer laut KfW-Studie die Still­le­gung eine – wenn nicht gar die einzige – Option ist. Jeder vierte Unter­nehmer dürfte dann bereits mehr als 70 Jahre alt sein, jeder zehnte sogar bereits 80 Jahre. Auch dem Hand­werk fehlen nicht bloß Azubis und Meister, sondern auch Nach­folger. Allein im Hand­werk stehen in den nächsten fünf bis sechs Jahren 200.000 Unter­nehmen zur Über­gabe an, weiß Holger Schwannecke, Gene­ral­se­kretär des Zentral­ver­bands des Deut­schen Hand­werks (ZDH).

Bei der Nach­folge nicht auf die Kin­der war­ten

Viele Unter­nehmer schieben das Thema auf die lange Bank – auch wenn sich schon abzeichnet, dass die von ihnen präfe­rierte Lösung der Nach­folge nicht klappt. Sperrt sich etwa ein Sohn dagegen, den Betrieb zu über­nehmen, hoffen sie eben auf einen späteren Meinungs­um­schwung. Zumeist verge­bens, wie eine Befra­gung von 34.000 Unter­neh­mer­kin­dern in 34 Ländern zeigt: Eine Mehr­heit will die Nach­folge nicht antreten, ergab die Studie laut FAZ. Über die Hälfte will lieber als Ange­stellter woan­ders arbeiten, hat die Univer­sität Sankt Gallen in einer gemein­samen Studie mit der Bera­tungs­ge­sell­schaft Ernst & Young heraus­ge­funden. Ein Drittel kann sich eine unter­neh­me­ri­sche Tätig­keit vorstellen – aber lieber im selbst gegrün­deten Betrieb. Nur ein Zehntel der poten­zi­ellen Nach­folger bleibt als Kandi­daten übrig. Immerhin: Im Hand­werk über­nimmt in der Hälfte der Fälle eines der Kinder das Unter­nehmen. Knapp jedes vierte Hand­werks­un­ter­nehmen geht in die Hände eines Mitar­bei­ters.

Die Nach­folge muss von lan­ger Hand ge­plant sein

Viele Unter­nehmer haben keinen guten Plan für ihre Nach­folge. Und den machen sie auch noch zu spät. Gut 70.000 reichen Jahr für Jahr im Schnitt ihren Betrieb an einen Nach­folger weiter. In rund jedem vierten Fall erwischt es das Unter­nehmen unge­plant – weil der Chef etwa über­ra­schend schwer erkrankt oder stirbt. Oft hat der Firmen­chef dann nicht nur die Planung der Nach­folge verpasst, sondern auch keinen Notfall­ordner vorbe­reitet. In dem sollten eigent­lich Zugangs­daten und Pass­wörter, tech­ni­sche Produkt- und Maschi­nen­daten, Listen mit Ansprech­part­nern und die nötigen Voll­machten sein, beispiels­weise für Geschäfts­konten. Fehlt diese Art der Vorbe­rei­tung auf den Unfall oder Ausfall des Unter­neh­mers, kann eine rasche Nach­folge in der Krise leicht schei­tern. „Acht Prozent der Unter­nehmen über­leben den Bruch an der Spitze nicht“, berich­tete vor ein paar Jahren der dama­lige Geschäfts­führer des Insti­tuts für Mittel­stands­for­schung (IfM) in Bonn, Frank Wallau. Selbst sonst gesund daste­hende Unter­nehmen geraten dann schnell in Turbu­lenzen, wie etwa der Bobb-Car-Hersteller BIG Spiel­waren aus Fürth vor Jahren. Die Planung der Nach­folge hinaus­zu­zö­gern, gilt nicht wenigen Experten als der größte unter­neh­me­ri­sche Fehler über­haupt.

Erfolg­reiche Nach­folge er­for­dert viel Be­ra­tung

Am besten starten Unter­nehmer zehn Jahre vor der geplanten Abgabe ihres Unter­neh­mens mit der Planung der Nach­folge, raten Experten über­ein­stim­mend. Schon lange vor dem Ruhe­stand sollten sie klären, wie sie sich die Nach­folge vorstellen – und ob der anvi­sierte Kandidat über­haupt zur Verfü­gung stehen will. Besser, sie berufen früh­zeitig einen zusätz­li­chen Geschäfts­führer, als womög­lich unge­plant ohne Führungs­spitze dazu­stehen. Haben Unter­nehmer sich grund­le­gend Gedanken über mögliche Rege­lungen der Nach­folge gemacht, sollten sie einen Anwalt oder ihren Steuer­berater auf das Thema anspre­chen. Der Steuer­berater und der Rechts­an­walt beraten bei der Frage, was es mit Blick auf die Nach­folge in Sachen Testa­ment, Gesell­schafts­ver­träge sowie auch Ehe- und Erbver­träge zu regeln und zu beachten gibt. Hierbei gibt es einiges mehr zu klären als nur Steu­er­op­ti­mie­rung. Gerade wenn die Familie etwas größer ist, hilft nur der Blick aufs Ganze dabei, späteren Ärger mit der Nach­folge zu vermeiden. Wer Ange­hö­rige im eigenen kleinen Betrieb als Arbeit­nehmer beschäf­tigt, sollte denen vorsorg­lich am besten schrift­lich die Fest­an­stel­lung bestä­tigen. Sonst gibt es für hinter­blie­bene Ange­stellte im Fall, dass der Chef verstirbt, womög­lich Probleme etwa bei der Arbeits­agentur.

Nach­folge kann Fami­li­en­ver­fas­sung nötig machen

Für einige Unter­nehmer ist es sinn­voll, die Planung der Nach­folge mit dem Ausar­beiten einer Fami­li­en­ver­fas­sung zu verbinden. Lohnen kann sich das für Inhaber größerer Betriebe oder verzweigter Fami­lien, gerade wenn das Unter­nehmen stärker wächst. Die Fami­li­en­ver­fas­sung ist eine Art Grund­ge­setz für die Firma und die damit verbun­dene Familie. Konkreter als ein Gesell­schafts­ver­trag legt sie jene Leit­li­nien und Werte fest, die das Unter­nehmen tragen sollen. Rechts­an­walt wie auch Steuer­berater können beim Abfassen behilf­lich sein. Verfas­sungs­ar­tikel können betreffen:

  • Ziele, Werte und Selbst­ver­ständnis des Unter­neh­mens etwa mit Blick auf Nach­hal­tig­keit, Arbeits­be­din­gungen oder auch etwa gesell­schaft­liche Verant­wor­tung,
  • Vorstel­lungen bezüg­lich der Eigen­tums­ver­hält­nisse. Etwa die Frage, wer aus der engeren oder weiteren Familie alles Gesell­schafter werden oder Anteile kaufen darf.
  • Welche Rolle die Fami­li­en­mit­glieder im Unter­nehmen einnehmen, also etwa, ob die für sie vorge­se­henen Funk­tionen dort beschränkt werden.
  • Wie konstruktiv mit Konflikten in der Familie und im Unter­nehmen umge­gangen werden soll und wie diese möglichst gelöst werden sollen.
  • Auch Fragen der Nach­folge kann eine Fami­li­en­ver­fas­sung regeln, etwa ob das Unter­nehmen als Alters­ver­sor­gung für die Familie dienen soll und ob es einen Nach­folger aus der Familie geben soll.

Nach­fol­gersuche oder Un­ter­neh­mens­ver­kauf?

Wer weiß oder vermutet, dass in der Familie niemand für die Nach­folge infrage kommt, sollte früh­zeitig andere Kandi­daten suchen – in und außer­halb des Unter­neh­mens. Die Hoch­schule für Wirt­schaft und Recht hat die Seite „Nach­folge in Deutsch­land“ ins Netz gestellt, auf der sich neben diversen Infor­ma­tionen auch ein „nach­folg-o-mat“ findet. Er gibt eine erste Orien­tie­rung bei der Entschei­dungs­fin­dung. Fast jeder zweite Mittel­ständler zieht für die Nach­folge laut KfW, der Förder­bank des Bundes, externe Kandi­daten in Erwä­gung. Online-Platt­formen können bei der Suche nach einem mögli­chen Nach­folger helfen.

Be­wer­tung ist bei der Nach­folge nicht ohne

Bei der Nach­folge kann es dann darum gehen, dass der Unter­nehmer die Geschäfts­füh­rung abtritt, aber Gesell­schafter oder auch Aufsichtsrat bleibt. Das bringt diverse Schwie­rig­keiten mit sich – unab­hängig davon, ob der Geschäfts­führer zur Familie gehört oder nicht. Oder Unter­nehmer können gerade auch bei externen Kandi­daten den Verkauf des Betriebs in Erwä­gung ziehen. Der Steuer­berater hilft bei der Bewer­tung des Unter­neh­mens. Hilf­reich ist beim geplanten oder auch nur erwo­genen Verkauf aber durchaus auch, den eigenen Betrieb möglichst früh­zeitig rein durch die Brille des Käufers zu betrachten, also die Markt­lage für Unter­neh­mens­ver­käufe und die übli­chen Berech­nungs­me­thoden einzu­be­ziehen. Fällt die Bewer­tung des Unter­neh­mens über­ra­schend schlecht aus – oft weichen mit dieser Methode errech­nete Preise stark vom mit der Buch­wert­me­thode ermit­telten Ergebnis ab –, können Unter­nehmer zeitig über mögliche Maßnahmen zur Wert­stei­ge­rung nach­denken. Die würden helfen, den Verkaufs­preis zu verbes­sern. Das Abwägen und betriebs­wirt­schaft­liche sowie steu­er­liche Durch­rechnen sollte der Unter­nehmer gemeinsam mit dem Steuer­berater. Dann könnte der Manage­ment-Buy-out (MBO) eine Alter­na­tive für die Nach­folge sein. Im Mittel­stand liegen MBOs zuneh­mend im Trend – mit einem Rekord­hoch im vergan­genen Jahr.

Weicher Über­gang – die Nach­folge in Teil­zeit

Orga­ni­sa­to­risch kann sich je nach Branche und Situa­tion des Nach­fol­gers oder der Nach­fol­gerin ein weicher Über­gang für Nach­folge oder Verkauf anbieten. Bei Ärzten und Zahn­ärzten ist etwa beliebt, dass sich Praxis­in­haber vor dem Ruhe­stand den Nach­folger in Teil­zeit in die Praxis holen. Vorteil für den bishe­rigen Inhaber der Praxis ist neben der zeit­li­chen Entlas­tung vor allem, dass sich so auch in den Jahren vor dem Ruhe­stand noch größere Inves­ti­tionen etwa in moderne Behand­lungs­ein­heiten oder Geräte lohnen und an Risiko verlieren. Das ist auch ein Argu­ment dafür, dieser Lösung den Vorzug gegen­über den derzeit zuneh­menden Verkäufen an Klinik­kon­zerne oder Finanz­in­ves­toren zu geben. Für Nach­folger ist der glei­tende Einstieg wiederum eine gute Möglich­keit, das eigene Unter­nehmen mit der Fami­li­en­grün­dung zu verbinden – unab­hängig davon, ob das nun Tochter oder Sohn oder ein anderer Nach­folger frisch von der Uni ist. Auch hier sollten Praxis­in­haber die mögliche Lösung und die steu­er­liche und vertrag­liche Gestal­tung der Nach­fol­ge­re­ge­lung eng mit Steuer­berater und Anwalt ausar­beiten.

Bei Fragen spre­chen Sie uns gerne an.

Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de, Heraus­geber: DATEV eG, Nürn­berg